Kommentar der Kolpingjugend Deutschland

Familie – Wer oder was ist das?

Eine Frage, die mich zurzeit sehr bewegt ist die Frage nach der „richtigen“ Familie. Gibt es diese überhaupt? Und wenn ja, was ist das? Nach klassischem Verständnis besteht eine Familie aus mindestens drei Personen: Mutter, Vater, Kind(er). Meine persönliche Antwort darauf ist jedoch eine Frage: Ist nicht jede Form des Zusammenlebens von Menschen, in der Verantwortung für Kinder übernommen wird eine Familie?

Die öffentliche Diskussion hängt sich meist am Adoptionsrecht für homosexuelle Paare auf. Sicherlich wird das Bundesverfassungsgericht hier so entscheiden, dass dies vom Grundgesetz her für alle offenstehen muss und niemand benachteiligt werden darf. Und ich finde, dass dies die richtige Antwort ist. Ein weiterer Schritt zu einer Gleichstellung der Lebensformen. Denn ich glaube nicht, dass zwei Mütter oder zwei Väter schlechtere Vorbilder für ihre Kinder sind als heterosexuelle Paare. Wieso sollten sie auch?


Paare die beschließen, ein Kind zu bekommen oder zu adoptieren machen das nicht aus einer Laune
heraus. Ihnen ist sehr wohl bewusst, welche Auswirkungen eine solche Entscheidung für ihr Leben hat. Kein Paar wird leichtfertig eine Adoption beantragen, gerade wenn es dabei den Blicken von Nachbarn und Fremden, vielleicht sogar von Bekannten und Freunden (und einer gründlichen Prüfung durch die Behörden), ausgesetzt ist.


Ich frage mich, warum es zwei Frauen oder zwei Männern aberkannt wird, dass sie zusammen mit
einem oder mehreren Kindern eine Familie sein können. Ich bin mir sicher, dass es Kindern in einer
solchen Konstellation besser geht, als in einem klassischen Modell, in dem sie nicht willkommen sind. Für mich zählt auch das Argument nicht, dass Kinder gleichgeschlechtlicher Paare nur mit Elternteilen eines Geschlechts aufwachsen und ihnen somit der Kontakt zum anderen Geschlecht fehlt. Denn das ist auch bei alleinerziehenden Elternteilen der Fall. Und wenn dieses Argument eine solche Bedeutung hätte, wie ihm in der öffentlichen Diskussion oftmals zugerechnet wird, hätte die Politik schon längst dafür Sorge tragen müssen, dass in Kindergärten und Grundschulen ein ausgewogenes Zahlenverhältnis von Erzieherinnen und Erziehern, von Lehrerinnen und Lehrern besteht.

 

Wichtiger als die Frage nach dem Geschlecht der Eltern, mit denen ein Kind aufwächst, ist meiner
Meinung nach die Wertevermittlung, die es erlebt. Ich bin mir sicher, dass auch in  gleichgeschlechtlichen Partnerschaften Treue, Verantwortung und Respekt füreinander im Mittelpunkt eines gelungenen Familienlebens stehen. Diese Werte sind es, die – für mich – eine vollwertige Familie ausmachen!


Ein Freund hat mich zuletzt bei eben dieser Diskussion gefragt, ob ich nicht ganz im Innersten trotzdem der Meinung bin, dass es ein ideales Familienbild gibt und ob dieses nicht eben doch das Klassische sei? Ich konnte ihm keine Antwort darauf geben und kann es auch heute nicht. Für mich ist Familie mehr als nur ihre Zusammensetzung. Es ist eben genau das, was über die Konstellation, über das von außen Sichtbare hinausgeht, was Familie ausmacht. Es sind gegenseitige Liebe und das Zusammenstehen in guten wie in schlechten Zeiten, was eine Familie kennzeichnet. Die sexuelle Orientierung der Familienmitglieder ist nichts, was darauf einen Einfluss hat!


Renée Liening-Ewert
Die 28-jährige Hendungerin ist Gymnasiallehrerin und Mitglied im Bundesarbeitskreis der Kolpingjugend.


Köln, im Oktober 2013